Unzufriedenheit in der Wirtschaft trotz guter Zahlen
Der Zollernalbkreis ist weiterhin das industrielle Herz der Region Neckar-Alb, sagt IHK-Vizepräsident Thomas Lindner. Auch die Zahlen belegen: Mit einer Bruttowertschöpfung, also einer Arbeitsproduktivität von 47 Prozent liegt der Zollernalbkreis deutlich über dem Landesdurchschnitt. Trotzdem sind die Unternehmen mit der aktuellen Lage nicht zufrieden. Wo die Probleme liegen und wie man gegen diese ankämpfen kann, darüber hat Lindner zusammen mit IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp am Dienstag in Albstadt gesprochen.
Von einer Krise wolle er nicht sprechen, sagte Thomas Lindner im Bezug auf die wirtschaftliche Situation im Zollernalbkreis, aber es gebe viel zu tun. Denn die Zahlen im Landesvergleich seien trügerisch.
"Die wirtschaftliche Situation kommt von einem hohen Niveau im Vergleich zu Baden-Württemberg. Und in Deutschland ist der gewerbliche Industrieanteil im Zollernalbkreis sehr hoch. Aber wer hoch steht kann eben auch tief fallen, und wir haben schon enorme Risiken, die wir sehen in der wirtschaftlichen Entwicklung" so Lindner.
Denn sowohl die Exportzahlen als auch die Ausbildungszahlen sind im Zollernalbkreis derzeit rückläufig. Den 630 abgeschlossenen Verträgen im aktuellen Ausbildungsjahr stehen 685 im Vorjahr gegenüber – ein Unterschied von rund acht Prozent.
Als Hauptrisiko machen die Unternehmen laut einer bundesweiten Konjunkturbefragung aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus. Wolfgang Epp ist vor allem wegen einem der dafür genannten Gründe dafür in Sorge.
"Wenn wir unsere Unternehmen fragen was die wichtigsten Herausforderungen sind und die größten Risiken, dann hatten wir früher immer Löhne, Gehälter, Weltmärkte etc. Und da ist heute unter den fünf erstgenannten Faktoren die Politik aus Berlin und das macht uns Sorgen" sagte Epp.
Eine ganz konkrete Sorge der Unternehmen ist derzeit das Thema Strom. Laut einer Stromstudie der IHKs und dem Frauenhoferdinstitut wird im Zollernalbkreis eine Steigerung des Strombedarfs um bis zu 173 Prozent erwartet.
"Wir machen uns große Sorgen, dass viel Schwerpunkt auf die großen Stromtrassen gelegt wird, aber in der Verteilung in die lokale Ebene eben alles hinterher hinkt. Und es nützt mir nichts, wenn der Knoten der großen Stromtrasse da ist, aber der Anschluss an mein kleines Verteilernetz eben nicht mehr funktioniert" so Lindner.
Vor allem der Ausbau erneuerbarer Energien müsse beschleunigt werden, auch mit Blick auf das Ziel des Landes, bis 2040 klimaneutral zu werden.
Bei der Suche nach Lösungen forderte Lindner die Unternehmen auf, sich an die eigene Nase zu fassen, Strukturen zu bereinigen und für Effizienz zu sorgen. Dafür müssten aber auch die Bedingungen geschaffen werden.
"Aber es ist natürlich enorm wichtig, dass wir hier einfach Rahmenbedingungen kriegen, die es uns erlauben, wieder die Wettbewerbsfähigkeit – die wir brauchen – zu bekommen. Thema Energie- und Rohstoffkosten, Thema Bürokratiekosten, Thema Beschleunigung und Geschwindigkeit in den ganzen Prozessen. Das sind die Dinge wo ich glaube: Da müssen wir anpacken" fordert Lindner.
Für die Zukunft benötige es laut Lindner vor allem mehr Risikobereitschaft in der Umsetzung von Projekten. Dafür müsse aber auch die Politik die Unternehmen durch eine ambitionierte Standortpolitik unterstützen, klare Prioritäten setzen und den Mut zur Reduzierung von Aufgaben haben.